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Löwensenf, LTU, Mannesmann – wenn Vertrautes verschwindet

Veränderungen empfindet der Mensch meist als unangenehm. Sie zwingen dazu, Neues zu akzeptieren. Zurzeit zeigt es sich an den Reaktionen zum Ende der Mostert-Produktion am Düsseldorfer Flughafen. Warum nur?
Von Hans Onkelbach (Text)
und Andreas Endermann (Foto)
Veröffentlicht am 21. Februar 2025
Löwensenf, Düsseldorfer Löwensenfladen, Berger Str. 29 Foto: Andreas Endermann
Auch wenn die Produktion abwandert, die Versorgung mit Senf in jeder Form ist gesichert. Unter anderem durch diesen Laden an der Berger Straße in der Altstadt, der zugleich ein kleines Museum für Senf ist.

Eins vorab: Zu machen ist nichts mehr. Als die Münchner Develey-Gruppe jetzt per Pressemitteilung verkündete, die zum Unternehmen gehörende Löwensenf-Produktion am Kieshecker Weg werde demnächst geschlossen, da klang das nicht nach einer noch offenen Überlegung. Das Ding ist gelaufen: Die scharfe braune Paste wird demnächst in Thüringen hergestellt, natürlich nach den bisherigen Rezepten. Der Raum am Airport sei zu eng, der Vermieter (der Flughafen selbst) könne eine Expansion nicht ermöglichen, heißt es in dem Statement. Die „Rheinische Post“ hatte die Mitteilung zuerst publiziert. 

Dass in Düsseldorf Firmen pleite gehen oder Standorte verlegt werden, interessiert meist nur, wenn man selbst betroffen ist. Aber es gibt auch Namen mit einer großen emotionalen Bindung. Das können Kindheitserinnerungen sein oder über die Jahre lieb gewordene Gewohnheiten. Nostalgie spielt eine große Rolle. Und hat eine Sache Wurzeln in vergangenen Jahrhunderten, ist der vermeintliche Verlust besonders groß. 

Bleiben wir beim Mostert, wie das Gewürz hier heißt. Ja, Düsseldorf war mal Senfstadt. Das ist aber lange her und hat historische Gründe. Spezialisten dieses Produktes wanderten im 18. Jahrhundert ein und brachten ihr Können mit, unter anderem aus dem französischen Dijon. Es entstanden mehrere Manufakturen, geblieben war am Ende noch eine: die kleine Fabrikation in Lohausen, die zum Senfhersteller Frenzel gehörte. Sie ist jedoch schon seit mehr als 20 Jahren kein Düsseldorfer Unternehmen mehr, sondern Teil der Münchener Develey-Gruppe. Sowie Frenzel 1965 selbst ABB (steht für Adam Bernhard Bergrath, einer der Firmeneigner im 18. Jahrhundert) geschluckt hatte. Senf aus Düsseldorf ist also bayrisch.

Natürlich behielt man den Namen bei: Löwensenf ist fast ein Synonym wie Tempo für Papiertaschentücher. Ob weiterhin „Düsseldorfer“ davorstehen darf, werden die Juristen entscheiden. Gemixt und abgefüllt wird es jedenfalls bald in Erfurt. Übrigens auch der mittelscharfe ABB-Mostert, den es in den Hausbrauereien gibt. Als man damals diese Marke übernahm, war ein Teil des Vertrages die Pflicht, den Senf weiter herzustellen. Das wird auch so bleiben, immerhin wird er in Düsseldorf pro Jahr tonnenweise auf den Flöns oder den Halve Hahn geschmiert. Diesen todsicheren Umsatz würde man sich nie entgehen lassen. 

Das ist jetzt eine gemeine Stelle, den Text auszublenden, das wissen wir.

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