Up, upper, am uppersten
Vor ein paar Tagen fesselte mich diese Überschrift in einer Düsseldorfer Zeitung: „Geht’s am Upper-Nord-Tower wirklich weiter?“ Wow, dachte ich – was ist da los? Das klang dramatisch, nach einem mir bis dato nicht bekannten Stillstand und der immerhin vorhandenen Hoffnung auf eine wie auch immer aussehende Zukunft. Hoffen wir also das Beste für dieses Ding mit diesem Namen, meine ich und rate: Nie up-geben!
Denn es wäre doch eine Schande, wenn Düsseldorf keinen Upper-Nord-Tower hätte. Denn das klingt nach Metropole, Weltstadt und -läufigkeit, kurz: edel und fein. Jedenfalls scheinen das die Macher des Turms und des Namens gedacht zu haben. Allerdings sieht es im Augenblick für das Vorhaben nicht so gut aus, der Bauherr hat Probleme – es geht also eher down statt up. Da hilft es auch nicht, sich klanglich an das teure New Yorker Viertel Upper East Side anzulehnen. Das ist nicht nur geographisch tausende Kilometer entfernt von der Düsseldorfer Adresse. Die lautet in der leider sehr banalen Realität nämlich Mörsenbroicher Ei – was nicht gerade up-regend, sondern (sehr deutsch) abtörnend ist, um im Wortbild zu bleiben. So ein Name wäre für einige tausend Euro pro Quadratmeter schwer zu verkaufen. Wer will schon unter einer Bezeichnung residieren, über die selbst Radiomoderatoren jedes Mal stolpern, wenn sie die ellenlangen Staus an diesem Verkehrsknotenpunkt für Pendler vorlesen? Da klingt doch Upper Nord Tower ganz anders. Dennoch zeigt der Fall: Namen sind Schall und Rauch.
So zu tun als ob, scheint derzeit Mode bei den Leuten der Baubranche zu sein. Jedenfalls in Düsseldorf, wo manche ja schon immer mehr Schein als Sein leben, wie es heißt. Hier wird das Vorurteil bestätigt. Beispiele gibt es reichlich: Da bezeichnet man neue Areale als Grand Central (wegen der Bahnhofsnähe vermutlich, siehe New York) oder vermeintlich vornehm-fein Ando Campus. Letzterer ist Nachbar vom Upper Nord Tower, und scheint tatsächlich Realität zu werden, also im Up-Wind zu sein. Vielleicht weil Campus einfach besser klingt – das hat sowas akademisch-solides.
Dagegen braucht es beim Gateway schon ein wenig Fantasie. Auf den Namen ist man womöglich gekommen, weil es ursprünglich am Kennedydamm liegen sollte, dieses Gateway, eine wichtige Ein- und Ausfallstraße der Stadt. Aber daraus wird wohl nichts. Das Tor (so Gateway auf Deutsch) wurde verschlossen, die Pläne sind weggesperrt. Nicht weit entfernt gibt es das Twist. Klingt hübsch, hat mit einem Tanz gleichen Namens nichts zu tun, sondern spielt auf die Drehung in der Optik an. Da muss man drauf kommen, vor allem gut genug Englisch sprechen. Aber egal, die Nennung – so wünschen es sich jedenfalls die Marketingleute – ist von elegantem Klang, scheint Mehrwert zu kommunizieren und ist somit besser auf den Markt zu bringen.
Dieser Gedanke dürfte auch eine Rolle gespielt haben, als ein Investor daran ging, zwei neue Bürogebäude zwischen Heerdt und Lörick zu planen. Twin Cubes heißen sie, was immerhin insoweit stimmt, als es zwei absolut identische Würfel sind. Aber wer nun beste Lage vermutet, wird sich wundern: Der Heerdter Lohweg ist Teil eines eher drögen Gewerbegebiets, um die Ecke liegen der Tierladen Fressnapf und ein Getränkemarkt. Freilich ist der Anschluss zur B7/A52 nur ein paar hundert Meter weit entfernt. Was sicher eine Rolle gespielt hat, als die Würfel für dieses Bauvorhaben fielen.
Eine wieder andere Intention dürfte hinter dem 5yn3rgy (das ist kein Tippfehler) stecken. Wer es liest und darauf kommt, dass es sich um eine leicht abgewandelte Schreibweise des Begriffs Synergy handelt, hat sein ganz persönliches Aha- und Erfolgserlebnis. Am Ende wird es ein Bürohaus im Hafen, das man nach heute üblichen Nachhaltigkeitsstandards errichtet. Da ist das Signal für nachhaltig denkende Menschen schon im Namen verankert. Zu hoffen ist, dass die Botschaft nicht nur ankommt, sondern auch Realität wird.
Törichte Bezeichnungen sind keineswegs immer Anglizismen. Beispiel: die Heinrich-Heine-Gärten an der Hansaallee. Sie heißen nur so, weil der große Dichter sich nicht mehr dagegen wehren kann, ansonsten haben sie mit ihm und irgendwelchen Gärten nichts zu tun. Was insofern schade ist, weil Heine sicher ein paar ersprießliche Bemerkungen dazu gefunden hätte. Auch das Neubaugebiet Grafental prahlt mächtig rum: Der Stadtteil Grafenberg ist nicht weit, aber ansonsten sind nur der Media-Markt und die Metro nahe, von einem Tal ist weit und breit nichts zu sehen, von aristokratischen Namensgebern ganz zu schweigen.
Keine Ahnung, warum man es nicht gleich Earl Valley genannt hat – als Up-Grade, sozusagen.