Vegetarier lassen Metzgereien sterben
Ein Leser hat uns auf das Thema gebracht. In einer Mail bat er uns zu überprüfen, ob sein Eindruck stimmt, dass es immer weniger kleine Metzgereien in der Stadt gibt. Als ich die Nachricht las, wurde mir klar: Der Mann muss Recht haben, Ähnliches hatte ich auch beobachtet, durch seine Mail ist es mir aber erst richtig bewusst geworden. In meinem Umfeld gibt es im Umkreis von zwei Kilometern zwar ein halbes Dutzend Bäckereien, aber nur einen Fleischer mit Laden. Bis vor wenigen Wochen waren es zwei, aber einer schloss kürzlich, und einen Nachfolger scheint es nicht zu geben.
Die Handwerkskammer Düsseldorf bestätigt die Entwicklung. 2010 gab es in Düsseldorf noch 157 selbständige Fleischer, Ende 2023 war die Zahl auf 97 geschrumpft. Das entspricht einem bundesweiten Trend, wie die zuständigen Kammern melden. In den vergangenen 30 Jahren hat sich die Zahl der Metzgereien in Deutschland mehr als halbiert (von 27.000 auf 12.000). Relativ gut versorgt sind die Menschen in Bayern, wo es für 100.000 Einwohner statistisch 37 Fleischereien gibt. Auch Baden-Württemberg kann mithalten (29 Läden). In NRW sank die Gesamtzahl der Firmen von 2700 im Jahr 2014 auf 1300 im vergangenen Jahr.
Aber was passiert mit diesen Betrieben, stets inhabergeführt und von der gesamten Familie betreut? Was liefert sie ans Messer? Nach Einschätzung der Kammern und der Innung gibt es mehrere Gründe:
Die Preise
Wie auch andere Betriebe mussten Fleischereien ihre Preise zuletzt aufgrund steigender Personal- und Energiekosten anheben. Dagegen konnten Supermarktketten mit eigenen Fleisch- und Wursttheken die Preise moderater gestalten. Das lässt Kunden erstens sparen und zweitens im Zweifel abwandern zu den Supermärkten. Discounter wie Aldi und Lidl haben zwar keine eigenen Frischetheken mit Service, bieten aber dafür die gängigen Fleischsorten (Hack, Schnitzel, Steaks) frisch und verpackt in eigens dafür gestalteten transparenten Kühlschränken an.
Ein ähnliches Modell will offenbar die Metzgerei Matzner in Oberkassel umsetzen: Dort wird das bestehende Geschäft an der Cheruskerstraße/Ecke Luegallee gerade zu einem Betrieb umgebaut, der ab Dezember komplett auf Automaten setzt. Personal wird es künftig nicht mehr geben. Die „Rheinische Post“ hat hier über diese Neuerung berichtet.
Verändertes Essverhalten
Die Menschen ernähren sich bewusster. Daher ist der jährliche Fleischkonsum in Deutschland laut Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung von 2018 bis 2023 von 60,9 Kilogramm auf 51,6 Kilogramm gesunken. Immer mehr Menschen essen gar kein Fleisch mehr. Durch Aufklärungskampagnen ist vielen klar geworden, dass ein mäßiger Konsum der Gesundheit eher zuträglich ist als der tägliche Braten.
Außerdem haben die Leute gelernt, wie sich die massenhafte Mast von Tieren aufs Klima auswirkt, vor allem, wenn für deren Futter riesige Flächen in Monokulturen bewirtschaftet werden müssen. In Zeiten allseits verfügbarer Fotos und Videos reagieren viele auf die Zustände auf Schlachthöfen. Da mag sich einiges verbessert haben, aber mit drastischen Bildern daran erinnert zu werden, wie und dass ein Tier sterben muss, damit man selbst eine Wurstsemmel oder eine Frikadelle essen kann, zeigt Wirkung. Bauernhöfe mit eigener Schlachtung und Direktverkauf oder andere Betriebe mit Fleisch aus der Nachbarschaft haben Zulauf, obwohl ihre Produkte deutlich teurer sind als im Supermarkt.
Gänzlich ohne Fleisch
Die Anzahl der Menschen in Deutschland, die sich selbst als Vegetarier einordnen, lag im Jahr 2023 laut einer Analyse der Allensbacher Marktforschung bei 8,12 Millionen. 2015 waren es 5,4 Millionen. Man könnte es also überspitzt so formulieren: Auch die Vegetarier verursachen das Metzgersterben. Die Mehrheit der Befragten hat vor dem 30. Lebensjahr mit diesem Ernährungsstil begonnen. Dies ergab eine Umfrage aus dem Jahr 2020. Bei rund 42 Prozent der befragten Verbraucher lag das Einstiegsalter für den jeweiligen Ernährungsstil zwischen 11 und 19 Jahren. Wichtigste Gründe dafür, mehr pflanzliche Produkte zu kaufen, sind der Umweltschutz, das Tierwohl und die eigene Gesundheit.
Unter ihnen sind auch so genannte Flexitarier. So nennt man flexible Vegetarier, die zwar generell Fleisch essen, dies aber nicht täglich oder regelmäßig tun. Strenge Regeln zum Ausmaß des Fleischverzichts gibt es dabei nicht. Flexitarier legen besonders viel Wert auf den Tierschutz und die Qualität der Nahrung.
Fazit
Ich selbst bin im Laufe der Zeit zum Flexitarier geworden, bevor ich das Wort erstmals hörte. Dass ich im Supermarkt abgepacktes Fleisch kaufe, kommt schon lange nicht mehr vor, manchmal kaufe ich Wurst fürs Brötchen. Meist bevorzuge ich dafür allerdings Käse. Wenn’s überhaupt Braten gibt, dann ist das bei mir ausschließlich Wild aus dem gemeinsamen Revier mit einigen Jagdfreunden. Dabei bemerke ich eine seit Jahren steigende Nachfrage nach diesem Fleisch, das den Zusatz „Bio“ mit Recht trägt. Ich kenne mehrere Vegetarier, die Wildschwein, Reh oder Hirsch essen. Kontakte für den Kauf kann ich gern weitergeben, Anfrage bitte per Mail an [email protected].