Was Isa Fiedler nach dem Knoten macht
Der Knoten an der Kurze Straße 1 ohne diese Frau – das ist schwer vorstellbar. Zu eng ist die Bindung, zu intensiv die Zeit, die sie dort verbracht, die Kneipe geführt und ihr einen klaren Stempel verpasst hat. Dennoch: Demnächst ist Schluss, vorbei und etwas Neues wartet: Isa Fiedler zapft Ende September zum letzten Mal ein Bier hinter dem Tresen. Und am 1. Oktober beginnt ein neues Kapitel im Leben der Gastronomin: Der Deutsche Hotel- und Gaststättenverband (Dehoga) Nordrhein hat ihr in Neuss den Job der stellvertretenden Geschäftsführerin angeboten. Und sie hat zugesagt. Sie nennt es „match made in heaven“ – es passt, könnte zeitlich nicht besser sein. Denn: 36 Jahre Leistungssport hinter der Theke machen sich bemerkbar. Ihr Körper habe ihr den dringenden Tipp gegeben, mal etwas anderes zu machen.
Kluge Frau, die sie ist, hat die langjährige Sprecherin der Altstadtwirte darauf gehört und war fortan offen für eine Alternative. Die ergibt sich nun. Was folgt, ist ein Gewinn für beide Seiten. Denn ein Verband wie der Dehoga, für den Fiedler schon seit Jahren ehrenamtlich arbeitet, bekommt nun einen Profi aus der Praxis in die Chef-Etage. Fiedler kennt die Altstadt und die Gastronomie wie kaum jemand anderes. Sie hat als Kellnerin angefangen, Schaukelstühlchen, Big Apple und Dä Spiegel/Night Live waren die Stationen der eigentlich gelernten Reisebürokauffrau, bevor sie im Oktober 1998, also vor fast 25 Jahren, den Knoten übernahm.
Der hatte seinen Namen übrigens von einem früheren Betreiber, dessen Leidenschaft das Segeln war. Also dekorierte er alles maritim und vor allem mit Knoten aus dem Wassersport. Isa Fiedler übernahm das in Teilen, aber unter ihrer Regie wurde aus dem Segler-Ambiente nach und nach ein Ort für Menschen, die gerne anständige Partys im doppelten Wortsinn feierten, und für Menschen, denen American Football am Herzen liegt. Diesen Sport liebt die Wirtin leidenschaftlich, und das sieht man dem Knoten auch an. Wenn sich die Fans dort versammeln, um wichtige Spiele zu schauen oder Thanksgiving zu feiern, ist das für Isa Fiedler ein zweifaches Heimspiel: Ihre beiden großen Lieben vereint – mehr geht nicht. Da der Knoten künftig von den langjährigen Mitarbeitern Hubert Klein und Robin Reinicke weitergeführt wird, gibt es die Hoffnung, dass das Football-Fieber dort so schnell nicht abkühlt.
In den vielen Jahren als Herrin des Knotens hat sie unglaublich viel erlebt. Andere Wirte kamen und gingen, Lokale eröffneten, wurden übernommen und scheiterten dann doch. Wie immer war der Wandel in der Altstadt die Normalität, Konstantes eher die Ausnahme. Sauftourismus und Junggesellenabschiede brachten bis dahin nie gekannte Probleme, lädierten das eh immer umstrittene Image der Ausgehmeile.
Mehr als alles andere jedoch prägte Corona das Leben der Wirte: Kontaktsperren, Schließungen, unklare Regelungen, Lockdowns – in diesen Monaten waren Nervenstärke und Organisationstalent gefragt. Legendär war damals die Aktion des Knoten, der seine Getränke zu den Gästen daheim brachte, weil sie ja zeitweise nicht mehr kommen durften. Da gab es große Solidarität unter den Freunden und der Crew der Kneipe, was einmal mehr die besondere Bindung zwischen Isa Fiedler, ihrem Team und dem Publikum bewies.
Die neue Aufgabe dürfte mit geregelteren Arbeitszeiten verbunden sein und mehr Zeit für die Football-Leidenschaft lassen. Denn im Zweifel hatten bisher der Knoten und sein Programm Vorrang. In der vergangenen Saison der US-amerikanischen Liga gab es beispielsweise einen Samstagabend, an dem Isa Fiedlers Lieblingsteam (Seattle Seahawks) und das ihres Mannes (San Francisco 49ers) gegeneinander in den Playoffs spielten. Da Samstage im Knoten aber unangefochtene Partyabende sind, gab es beste Musik aus den Boxen und keine Spielszenen auf den Fernsehern. Die Wirtin und ihr Mann verfolgten das Spiel so gut es ging auf dem Handy.
Die Sportart hat die Düsseldorferin Mitte der Neunziger für sich entdeckt. Beim ersten Rhein-Fire-Besuch kannte sie keine Regel, wurde aber sofort im besten Sinne vereinnahmt. Die Atmosphäre, die Zuschauer, die Musik und das friedliche Miteinander zwischen den Anhängern beider Teams – das alles erschien ein bisschen wie die Altstadt, wenn sie sich von ihrer rheinisch besten Seite zeigt. Schon zwei Jahre später verpasste Isa Fiedler kein Heimspiel mehr und wurde Teil eines Kreises, der immer lustigere Auswärtsfahrten machte.
2007 endete diese schöne Zeit, weil die damalige europäische Liga des American Football den Betrieb einstellte und Rhein Fire vorerst Geschichte war. Die Knoten-Chefin blieb dennoch mehr als Fan am Bildschirm. Sie wurde für einige Jahre Präsidentin der Düsseldorfer Panther, die Ende der Neunziger in eine tiefe Krise gestürzt waren und erst 2011 wieder in die höchste nationale Spielklasse zurückkehrten.
Mittlerweile gibt es wieder eine europäische Liga und seit dem vergangenen Jahr auch wieder ein Rhein-Fire-Team. Ein offizielles Amt hat Isa Fiedler dort nicht. Man kann aus Nebensätzen ihrer Erzählungen nur ahnen, was sie alles tut, um den Klub wieder populär zu machen und die aktuelle Heimspielstätte in Duisburg mit Fans zu füllen. Das reicht weit über Mails, in denen sie Neugierige an Spieltage erinnert, und den Kauf diverser Dauerkarten hinaus.
Die Argumente werden dabei jede Woche noch ein bisschen besser. Rhein Fire spielt bisher eine ganz starke Saison. Das bedeutet: Sechs Tage vor dem Abschied vom Knoten könnte ein großer Festtag anstehen. Dann wird in Duisburg das Endspiel der europäischen Liga ausgetragen.
Natürlich berührt es die künftige Ex-Chefin, den Knoten bald nicht mehr zu leiten. Der Spruch mit dem lachenden und weinenden Auge, mit dem sie geht, ist in diesem Fall wirklich treffend. Ehemann Michael Salopek jedenfalls dürfte den neuen Lebensrhythmus ohne dauernde Nachtschichten bis in den frühen Morgen gut finden. Er stammt aus Remscheid und arbeitet dort in einem Unternehmen für Feuerlöscher. Seinetwegen ist Isa Fiedler schon vor Jahren in die bergische Stadt gezogen und wurde Fan einer ganz anderen Altstadt: Das Paar lebt in Lennep, dem alten Bilderbuchviertel Remscheids, geprägt von Fachwerkhäusern. Das mag sie, das genießt sie. Womöglich auch, weil dieses Stadtviertel mit dem in Düsseldorf außer dem Alter nicht viel gemeinsam hat. Trubelig wird es dort lediglich beim Wochenmarkt.
Weitere VierNull-Geschichten
Über Isa Fiedlers Leidenschaft für American Football hat Christian Herrendorf hier berichtet.
Ein Interview mit dem Trainer von Rhein Fire, Jim Tomsula, finden Sie hier.