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Wenn das Bastians schließt, endet die Ära Kamps in Düsseldorf

Vor 17 Jahren begann es, nun ist Schluss. Dabei war die Bäckerei mit Café direkt am Carlsplatz sehr beliebt. Inhaber Heiner Kamps arbeitet heute für eine Firma, bei der McDonald’s Hamburger-Brötchen kauft.
Veröffentlicht am 10. Dezember 2021
Carlsplatz
Bastians am Carlsplatz: Ende des Jahres schließt das Café, das Heiner Kamps vor 17 Jahren eröffnet hat. Foto: Andreas Endermann

Als der aus Bocholt stammende Bäcker Heiner Kamps 1982 an der Friedrichstraße seine erste Filiale eröffnete, hatte keiner erwartet, dass er wenige Jahre später hunderte Geschäfte haben und zum Brötchenkönig werden würde. Die Karriere dieses Handwerkers war tatsächlich ungewöhnlich. Er kombinierte seine handwerklichen mit betriebswirtschaftlichen Fähigkeiten, die er sich in einem Abendstudium angeeignet hatte. Und der Mann hatte sowohl den Mut als auch das Händchen dafür, aus nichts eine der größten Bäckereiketten Deutschlands zu machen.  

Typisch für ihn ist diese Geschichte, geschehen Anfang der 2000er Jahre, als es bereits in fast jeder deutschen Stadt Kamps-Filialen gab: Zusammen mit einigen Kollegen hatte ich seinerzeit in der Vorweihnachtszeit einen Christstollen-Test gemacht. Wir kauften ein paar der süßen Dinger bei verschiedenen Bäckern, holten welche im Supermarkt – und auch einer von Kamps war dabei. Er schnitt nicht schlecht ab, aber wir fanden auch was zu meckern. Am Tag der Veröffentlichung des Testergebnisses in der Rheinischen Post stand nachmittags plötzlich Heiner Kamps in der Redaktion. Bei sich auf einem Tablett hatte er einen Stollen, den er – wie er sagte – selbst gebacken hatte und uns nun zum Probieren aufschnitt. Wir kosteten ihn gemeinsam und mussten feststellen, dass der Chef über das mittlerweile riesige Bäckereien-Imperium sein Handwerk immer noch draufhatte. 

Mit den Jahren wuchs die Kette, wurde irgendwann von Barilla (Italien) ge- und später weiterverkauft. Der Name jedoch blieb und ist heute immer noch präsent in der Stadt, auch wenn der Gründer mit den Geschäften nichts mehr zu tun hat, sondern anderswo tätig wurde. Offenbar faszinierte ihn all das, was der Mensch gern isst oder gern essen sollte. Also übernahm er zeitweise Firmen wie Nordsee und Homann – beide freilich weit entfernt von Brot und Brötchen. Nordsee war ursprünglich eine Kette von eher einfachen Fischläden, aber nicht wirklich mitgegangen in jenen Zeiten, in denen die Deutschen ihre Leidenschaft für kleine Schmankerln neben der Verkaufstheke entdeckten. Also den Schritt taten vom Fischbrötchen zur Bouillabaisse, vom Brathering zur Seezunge. Kamps hatte das erkannt, peppte die Läden auf, und auch beim Fertigfeinkost-Hersteller Homann sorgte er für neue Rezepte beim Produkt und seiner Darbietung. 

Vor 17 Jahren zog es ihn dann zurück zu den Wurzeln: Am Carlsplatz eröffnete er ein – ja, was? Nicht wirklich ein Café, aber auch keine Bäckerei, sondern ein Mix aus beidem. An der Theke wurde alles verkauft, was man nebenan aus Mehl, Roggen oder Dinkel buk. Gegenüber konnten die Kunden oder Gäste sitzen, frühstücken oder sich über den Tag Deftiges servieren lassen, das immer etwas mit Brot zu tun hatte: Wurstsemmel oder Stulle als knackige Kulinarik, sozusagen. Der Laden brummte, die lockere Atmosphäre, Kaffeehaus-Flair (inklusive Zeitungen an Klemmleisten), zog. Zumal die Lage perfekt war – im Übergang von Alt- zur Carlstadt, unmittelbar am Markt gelegen. Der Name Bastians war angelehnt an den Sohn des Chefs, Sebastian. Der jedoch machte in der Zeit danach vor allem Schlagzeilen in der Fachpresse der Schönen und Reichen, nicht zuletzt weil er mit dem verbalen Schnellfeuergewehr und Viva-Moderatorin Gülcan zusammen war und sie später heiratete, was regelmäßige Präsenz auf vielen Kanälen jenseits der Wirtschaftsmedien garantierte. 

Die Nachricht von der Schließung des Düsseldorfer Bastians kam angesichts des Erfolgs überraschend. Für den Chef ist dieser Schritt jedoch nur folgerichtig. Nicht zuletzt, weil sich in seiner Familie keiner gefunden hat, der die Leitung des Bastians übernehmen wolle, sagte er im Gespräch mit mir. Also mache er jetzt Schluss in Düsseldorf – an dem Ort, wo alles begann. 

Denn Kamps will in der Altstadt auch deshalb nicht weitermachen, weil er inzwischen nochmals durchstarten will. Er wurde vom Schweizer Konzern Aryzta verpflichtet. Dabei kann er sogar seinem Fach treu bleiben: Das Unternehmen beliefert große Ketten, unter anderem Lidl und McDonald’s, mit vorgefertigtem Backwerk und hat den Bäckermeister vor einigen Monaten wegen seines Knowhows an Bord geholt. Das macht ihn hörbar stolz, ebenso wie diese Aussage: „Wir sind in Deutschland bei McDonald’s die größten Lieferanten für die Hamburger-Brötchen.“ Ob er die pappigen Dinger allerdings damals in seinen Läden akzeptiert hätte, bleibt eine offene Frage. Im Magazin Wirtschaftswoche wurde diese Kooperation mit den Schweizern „Kamps letztes großes Ding“ genannt. Das Wort „vorläufig“ einzufügen käme vermutlich der Wahrheit näher. 

Aber auch ohne das Bastians – seine Bindung an die Stadt ist nach wie vor eng: Er behält hier eine Wohnung und ist regelmäßig in der Stadt. Die beiden Geschäfte gleichen Namens in Köln und Kitzbühel bleiben bestehen. Wer oder was aufs Bastians folgt, ist offiziell noch nicht bekannt gegeben worden. Kamps wollte sich dazu nicht äußern, auch nicht zu der Frage, ob ihn eine mit dem neuen Vertrag gewiss steigende Miete abgehalten hat zu verlängern. Insider gehen davon aus, dass es in dem Ladengeschäft (in dem es lange vor dem Bastians auch schon mal eine McDonald’s-Filiale gab) auch künftig Gastronomie geben wird.


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